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Bundestagswahl 2013
Wie schon vor vier Jahren haben
nur rund zwei Drittel der Bürgerinnen und Bürger dieses Landes gewählt. Das
heißt, die vom gesellschaftlichen System der BRD Ausgegrenzten haben nicht
gewählt. Offenbar hatten sie keine Neigung, für irgendwen im System ihre Stimme
zu geben.
So werden denn nur die gezählt, die
gewählt haben. Bei denen haben die CDU und ihre Kanzlerin eine beunruhigende
Mehrheit erzielt. Man könnte sogar unterstellen, eine deutsche Politik, die die
Reichen reicher und die Armen ärmer macht, ist bei den Deutschen beliebt,
selbst bei den Armen. Wie auch immer: Offenbar sind sie von den Medien schon so
manipuliert, dass sie gar nicht mehr merken, wie unsäglich sie entscheiden
(Hier muss Bertolt Brecht zitiert werden, der große deutsche Dichter: „Nur die
allerdümmsten Kälber wählen ihren Metzger selber.“) Vielleicht allerdings hängt
deren Entscheidung nicht nur von der Sympathie für „Mutti“ Merkel ab, sondern
auch davon, dass Kanzlerin Merkel die CDU ein klein wenig „sozialdemokratisiert“
hat. Jedenfalls hat sie den Grünen das Thema „Atom“ weggeschnappt und den
Sozialdemokraten das Thema „Mindestlohn“ (welches die übrigens den LINKEN
geklaut hatten!). Wie auch immer, die CDU ist mit ihrer erklärten Volksnähe
auch etwas näher an den sozialen Problemen. Und da die FDP radikal abgewählt
wurde, eine rechte, angeblich liberale Partei, scheinen nun alle im Parlament
vertretenen Parteien ein wenig linker orientiert. Was sich daraus entwickelt,
bleibt abzuwarten.
Merkels Mehrheit wird ihr
freilich zum Problem. Die möglichen Koalitionspartner SPD oder Grüne zieren
sich. Sie haben soeben an der FDP erlebt, was denen geschieht, die Frau Merkel
an der Macht halten.
Und die deutschen Medien, die
immer gern auf wunde Stellen verweisen, zieren sich, die Parteien und vor allem
die Bevölkerung darauf aufmerksam zu machen, dass Frau Merkel eigentlich abgewählt
wurde! Denn SPD, Grüne und LINKE zusammen haben mehr Stimmen als die CDU! (Dabei
sind die „Stimmen“ der Nichtwähler nicht einmal mitgezählt!!) Steinbeck könnte Kanzler werden! Aber
historisch unfassbare Borniertheit der Sozialdemokraten verhindert das!
Daher hier im Anhang eine Stimme
der Vernunft:
Gregor Gysi zum Ausgang der Bundestagswahl
am 22. September 2013:
Für DIE LINKE ist es ein historisches Ergebnis: Dass wir drittstärkste
politische Kraft in Deutschland geworden sind, markiert einen Akzeptanzgewinn,
der 1990 undenkbar schien. Wir haben uns mit vereinten Kräften das Vertrauen
zurückerkämpft, dass wir zwischenzeitlich im Laufe der vergangenen vier Jahre
selbst verspielt hatten. Das ist ein Verdienst der ganzen Partei, besonders
aber der beiden Parteivorsitzenden.
DIE LINKE
ist aus der deutschen Politik nicht mehr wegzudenken und erst recht nicht mehr
wegzukriegen. Mit dieser Wahl hat sich das Land endgültig europäisch
normalisiert.
Mit 32 in
den westdeutschen und 32 in den ostdeutschen Ländern gewählten Abgeordneten,
mit 36 Frauen und 28 Männern haben wir eine wunderbare Mischung in der neuen
Fraktion, die wir jetzt politisch produktiv machen werden.
Wir werden
uns sofort an die Arbeit machen und unsere Vorschläge für einen Politikwechsel
in Deutschland in parlamentarische Initiativen gießen, über die der Bundestag
dann noch in diesem Jahr entscheiden soll: Mindestlohn, staatliche
Strompreisaufsicht, Mietpreisbremse, Equal Pay in der
Leiharbeit, Vermögensteuer.
Denn – und
das gerät angesichts der Zahlen für die Union bisher
zu sehr aus dem Blick: Angela Merkel hat zwar ein sehr gutes Wahlergebnis
erzielt, aber sie hat eben keine Mehrheit für eine Fortsetzung ihrer Politik.
Rot-Rot-Grün hat die Mehrheit, wenn SPD und Grüne ihre Wahlprogramme ernst
meinen. Unsere Initiativen im Bundestag in den ersten Wochen werden für sie zur
Probe aufs Exempel werden.
Die Wahl hat
gezeigt, dass man einen Politikwechsel nur dann glaubwürdig gegenüber den
Wählerinnen und Wählern vertreten kann, wenn man die politischen Realitäten und
die politischen Mehrheiten dafür akzeptiert und offensiv nutzt, statt sich in
Ausschließeritis zu üben und Türen für eine andere Politik zuzumachen. Ich bin
sicher, dass es dies in dieser Form zum letzten Mal gegeben hat.
Für diese
Erkenntnis kann man auch einen Blick nach Hessen werfen, dass ja schon häufig
in den letzten Jahrzehnten Labor für politische Neuerungen in Deutschland war.
Dort hat DIE LINKE letztlich die Fortsetzung von Schwarz-Gelb verhindert,
Rot-Grün hatte dazu nicht die Kraft. Hessen zeigt auch, dass DIE LINKE im
Westen auch in Flächenländern Wahlen gewinnen kann. Wir müssen die nächsten
Jahre nutzen, um die Partei im Westen breiter in der Gesellschaft zu verankern.
Es ist an
der Zeit, den Wählerwillen und die politischen Mehrheiten ernst zu nehmen, so
wie sie die Wählerinnen und Wähler bestimmt haben. DIE LINKE steht für einen
Politikwechsel hin zu mehr sozialer Gerechtigkeit, friedlicher Außenpolitik,
mehr demokratischen Mitwirkungsmöglichkeiten und unsere Türen für solche
Gespräche waren und sind offen. Und wenn nicht heute, wird die SPD spätestens
bei den Landtagswahlen im nächsten Jahr in Thüringen, Sachsen und Brandenburg
zeigen müssen, ob sie bereit ist, einen anderen Weg zu gehen.
Ein Wort
noch zur Abwahl der FDP: Dies ist ein historischer Vorgang, der letztlich die
Konsequenz daraus ist, dass die FDP-Führung den politischen Liberalismus
aufgegeben hat. Der Wirtschaftsliberalismus allein trägt nicht, sich als
Anhängsel der Union zu präsentieren auch nicht. Da wir selbst schon ähnlich bittere
Stunden durchgemacht haben, verbietet sich jede Häme. Es wird schwer, für die
FDP, einen Ausweg aus dieser tiefen Krise zu finden.
Ich bin
froh, dass die AfD nicht in den Bundestag gewählt
wurde. Hinter der professoralen Altherren-Fassade tummelt sich ein gruseliger
Rechtspopulismus, Nationalchauvinismus und ein merkwürdiges
Demokratieverständnis. Die Kanzlerin sollte das Abschneiden der AfD dennoch als Warnsignal gegenüber ihrer falschen
Euro-Rettungspolitik verstehen und begreifen, dass die Rettung von Banken,
Aktionären, Hedgefonds bei gleichzeitigen massiven
Sozialkürzungen die europäische Idee in einem Maße zerstört, dass eben
derartige antieuropäische Parteien Raum gewinnen können.
Ich möchte
unseren Wählerinnen und Wählern für ihr Vertrauen danken, das
viele mir gegenüber auch sehr direkt geäußert haben. Ich möchte den vielen
selbstlosen Wahlkämpferinnen und Wahlkämpfern danken, die mit ihrer engagierten
Arbeit dafür gesorgt haben, dass wir einen leidenschaftlichen Wahlkampf geführt
und wichtige Wahlziele erreicht haben. Nun geht es mit der gleichen
Leidenschaft an die Arbeit. DIE LINKE tut Deutschland gut, dem Frieden, der
sozialen Gerechtigkeit, der Demokratie und der deutschen Einheit. Das soll und
wird auch so bleiben.
linksfraktion.de,
23. September 2013