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Gleichgeschaltetes Kabarett
Die ARD nennt den sogenannten
„Satire-Gipfel“ noch immer „politisches Kabarett“ und kaschiert damit den
geistig-artifiziellen Niedergang dieser Sendung. Offenbar laufen Bemühungen der
öffentlich-rechtlichen Sender, die Kabarett-Sendungen durch Gleichschaltung zu
entschärfen.
Angefangen damit hatte das ZDF,
das den Kabarettisten Georg Schramm aus der „Anstalt“ entließ, einen Mann, der
stets gut recherchiert und fundiert argumentierte und nicht nur einfach
knallige Pointen lieferte. Dabei verhehlte Schramm nie seine ideologische
Position, das heißt, er machte stets unmissverständlich klar, dass er kein
opportunistischer Konformist dieser Gesellschaft ist, kein Gleichgeschalteter.
Neben Urban Priol, der da auch keine Zweifel aufkommen lässt, war das zu viel
antikapitalistische Kompetenz. Mit Erwin Pelzig für Georg Schramm erhofft man
sich wahrscheinlich moderateren Umgang mit den Herrschafts-Verhältnissen.
Bei der ARD war Mathias Richling
(immer glänzend in seinen satirischen Politiker-Porträts) als Moderator, der
die Sendung zusammenhalten muss, zwar inhaltlich bereits weitgehend auf
gewünschter opportuner Linie, aber sprecherisch meist zu fahrig. Mit Dieter Nuhr hofft man nun offenbar mehr Konzentration in die
Sendung zu bringen, will sie aber ganz offensichtlich bei der Gelegenheit
ideologisch gleichschalten. Und Nuhr scheint willig.
In seinem ersten „Satiregipfel“ vermochte er nicht einen einzigen wirklich
satirischen „Gipfel“ zu erklimmen, obwohl er per digitaler Aufmachung sehr hoch
gestiegen war. In seinen eigenen Sendungen war Nuhr
bislang wenigstens thematisch einigermaßen konzentriert, konnte beispielsweise
über einen Besuch im Keller schöne Einfälle produzieren oder über unterschiedliches
Verhalten von Mann und Frau. Dass er dennoch thematisch vielleicht etwas zu oft
sozusagen „kreuz und quer durch den Gemüsegarten“ plaudert, mag als sein
Markenzeichen gelten. Ausgesprochen politisch ist er dabei nur gelegentlich,
wobei er bemüht scheint, nach allen Seiten gerecht auszuteilen. In seinem
Satiregipfel neulich allerdings veröffentlichte er sich unverkennbar als
Lobredner des Aufschwungs und Wohlstands in Deutschland. Er hatte eigentlich
nur dieses Thema. Kaum zu zählen, wie
oft er betonte, dass es „uns“ gut geht, dass wir aber dennoch „meckern“. Wobei
er nebenher als netter Verleumder der Ostdeutschen beim Publikum zu punkten
versuchte. Doch nicht nur der Moderator ließ kritische politische Stoßkraft
vermissen, auch die nach einander auftretenden Gäste enttäuschten. Bis auf
Andreas Reber muteten sie an wie Debütanten, die mit gefälliger Abkehr von
politischer Brisanz Karriere zu machen hoffen. Reber, der sich offenbar nicht
gleichschalten lassen wollte, eröffnete denn auch seinen Auftritt mit der
Information, „links“ zu sein, was ja wohl möglich sei. Aber auch er konnte den
gefällig biederen, höchst provinziellen Abend nicht retten.
Berlin, 22. Januar 2011