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Lamento über „fehlendes Sachwissen“

oder

Die unheimliche Macht der Eltern

 

 

Wie in der Online-Ausgabe der „Berliner Morgenpost“ vom 10. November 2007 zu lesen, ergab eine Studie des „Forschungsverbundes SED-Staat“ an der Freien Universität Berlin (FU) „fehlendes Sachwissen“ und „haarsträubende Klischeebilder“ bei vielen Berliner Schülern und demzufolge „eine völlige Fehleinschätzung und sozialromantische Verklärung der vor 18 Jahren untergegangenen DDR-Diktatur“.

Das Lamento ist groß. „Forschungsleiter“ Klaus Schroeder beklagt das vorherrschende DDR-Bild vieler junger Berliner: "Es ist die Vorstellung eines ärmlichen, skurrilen und witzigen Landes, das aber irgendwie sehr sozial war." Die DDR lebe als sozial verklärte und politisch verharmloste Gesellschaft fort. Verantwortlich dafür macht er „die nach wie vor bestehende DDR-Systemverhaftung vieler Elternmilieus und die DDR-freundliche Orientierung vieler ehemaliger DDR-Lehrer“, die laut Schroeder „die Schülerbefragungen zum Teil sogar aggressiv verhinderten und mitunter auch zu manipulieren versuchten“.

Schroeder beklagt besonders die Meinung der Schüler über das ehemalige Ministerium für Staatssicherheit der DDR, die er „Desorientierung“ nennt. Dabei reagieren die Schüler einfach realistisch, indem sie nämlich ihre Agentenvorstellungen à la James Bond einbringen. Über 38 Prozent der Schüler halten das Ministerium für Staatssicherheit für einen normalen Geheimdienst. 

Auch andere Meinungen der Schüler missfallen dem „Wissenschaftler“ Schroeder. So moniert er die der DDR-Gesellschaft angedichteten "Bindungskräfte".  59,2 Prozent (nein 32,9) der Schüler im Osten glauben nämlich, dass die Hilfsbereitschaft in der DDR größer gewesen sei.

Bemerkenswert, dass Ulrich Claus, der Kommentator in der Morgenpost, die Thesen des Herrn Schroeder nicht etwa kritisch hinterfragt, sondern dass er geflissentlich in die nämliche Kerbe haut. In verleumderischer Manier schreibt er: „Das ‚Angst-Anpassungssyndrom des Alltags‘, wie es der DDR-Bürgerrechtler und erste Leiter der Stasi-Unterlagenbehörde Joachim Gauck einmal genannt hat, trägt offenbar selbst in der ersten Nachwendegeneration noch seine vergifteten Früchte“.

Indessen ist der geistige Sachverhalt ziemlich klar: Die Eltern erzählen ihren Kindern schlicht und einfach die Wahrheit über die DDR, und die Kinder glauben ihren Eltern eher als den notorischen Hasspredigern des Westens.

 

 

Berlin, 10. November 2007