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Person ohne Gewissen

 

Nach über dreißig Jahren von der eigenen Gewissenlosigkeit eingeholt zu werden, ist nicht angenehm; vor allem nicht angesichts dieses Themas der Doktorarbeit: „Person und Gewissen“. Insofern ist verständlich, dass Ministerin Anette Schavan, eine mächtige Frau der Merkel-Regierung, dagegen aufbegehrt, dass man ihr auf die Schliche gekommen ist. Aber die liebenswürdige Dreistigkeit, mit der sie am Sonnabend vor der Presse ihren Abgang aus dem Bildungsministerium normal redete, wird nicht reichen, die Düsseldorfer Wissenschaftler der Universität erneut zu betören. In deren Begründung zur Aberkennung des Doktortitels heißt es wörtlich:

„…Der Fakultätsrat hat sich nach dieser grundsätzlichen Klärung in seinen Beratungen nach gründlicher Prüfung und Diskussion abschließend die Bewertung des Promotionsausschusses zu eigen gemacht, dass in der Dissertation von Frau Schavan in bedeutendem Umfang nicht gekennzeichnete wörtliche Übernahmen fremder Texte zu finden sind. Die Häufung und Konstruktion dieser wörtlichen Übernahmen, auch die Nichterwähnung von Literaturtiteln in Fußnoten oder sogar im Literaturverzeichnis ergeben der Überzeugung des Fakultätsrats nach das Gesamtbild, dass die damalige Doktorandin systematisch und vorsätzlich über die gesamte Dissertation verteilt gedankliche Leistungen vorgab, die sie in Wirklichkeit nicht selbst erbracht hatte. Die Entgegnungen von Frau Schavan konnten dieses Bild nicht entkräften. Daher hat der Fakultätsrat Tatbestand einer vorsätzlichen Täuschung durch Plagiat festgestellt. Diese Entscheidung wurde mit 13 Ja-Stimmen und 2 Enthaltungen gefällt…”

Es steht fest: Frau Schavan hat systematisch und vorsätzlich mit offenbar gewissenloser Dreistigkeit getäuscht. Das Groteske daran: Sie hat als junge Frau einfach gemacht, was in dieser Bundesrepublik noch heute gang und gäbe, also selbstverständlich ist. Und ihre anschließende Karriere hat ihr bestätigt, dass sie richtig gehandelt hatte. Daher ist sie auch noch immer nicht bereit einzusehen, wie verheerend ein solches Beispiel für wissenschaftliche Seriosität in diesem Lande ist. Dank den Internet-Aufklärern und den Wissenschaftlern der Düsseldorfer Universität für ihre Pionierarbeit in Sachen „Gewissen“!

 

 

Berlin, 10. Februar 2013