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Bourgeoise
Journaille poliert Sargnägel der Demokratie
Geradezu einen Kult in Sachen Demokratie, die
Einhaltung und Pflege ihrer notwendigen Spielregeln, kann man gegenwärtig in
den USA beobachten. Allein der Umgang der beiden Kandidaten Obama und McCain
miteinander ist höchst aufschlussreich. Da könnten sich deutsche Politiker eine
Scheibe abschneiden. Und vor allem die deutsche bourgeoise Journaille. Just sie
liefert in Sachen Bewahrung und Pflege der Demokratie ein abscheuliches
Bubenstück. Denn das abwegige Verhalten der vier abtrünnigen Sozialdemokraten
in Hessen, das eigentlich verurteilt gilt, wird von deutschen Journalisten mehr
oder weniger offen gepriesen. Mit abscheulicher Verdrehung der Werte glänzt das
„Westfalen-Blatt“ von Bielefeld, das über die demokratiefeindliche Viererbande
doch tatsächlich schreibt, sie hätte „ein Lehrstück politischer Kultur
abgeliefert und ein Lehrstück politischer Unkultur abgewendet“. Und die
„Rhein-Neckar-Zeitung“ mahnt, man dürfe diesen potentiellen Sargnägeln
deutscher Demokratie, „keineswegs das Verräter-Etikett aufkleben“.
Im grotesken Versuch der Presse, gegen links zu
argumentieren, wird das Volk im Umgang mit Demokratie immer infamer in die Irre
geführt. Um das noch einmal festzuhalten: Frau Ypsilanti
(SPD) hatte in einem wochenlangen demokratischen Meinungsfindungsprozess in
ihrer Partei für eine satte Mehrheit von über 90 Prozent gestritten, was ihr
Parteitage verbindlich bestätigten. Das war die demokratisch gefundene
Grundlage für die Absicht, im Parlament eine Mehrheit für die Regierungsbildung
ins Treffen zu führen. Mitglieder der Partei, die anderer Auffassung waren,
sich aber nicht hatten durchsetzen können, hätten sich dem Votum der Mehrheit
beugen müssen - das sind nun einmal die demokratischen
Spielregeln. Verwerflich und infam, wenn dann sogar ein Parteimitglied, das mit
verhandelt hat, Abtrünnige um sich schart, um die Regierungsbildung zu
torpedieren. Denn wer bei gegebener Mehrheit dennoch den eigenen Kopf
durchsetzt, sabotiert die eigene Partei und stürzt sie in eine Krise. Was
objektiv der Anfang von Anarchie ist.
Mithin: Wenn das Beispiel der Viererbande Schule macht
und weiterhin von der bourgeoisen Presse gefeiert wird, stehen der deutschen
Demokratie schlimme Zeiten bevor.
Berlin, 5. November 2008
Nachtrag vom
6. November 2008:
Die bereits verheerenden Folgen der Pervertierung der
Werte sind ablesbar in einer Meldung, die heute von der bourgeoisen Presse
verbreitet wird. Hier ein Auszug:
„In der SPD gelten sie als Verräter, die Deutschen
geben jedoch ihnen Recht: Die hessischen Parteirebellen erhalten eine breite
Unterstützung von den Bundesbürgern. Das ist das Ergebnis einer aktuellen
Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Forsa im Auftrag des Nachrichtensenders
n-tv.
Demnach befürworten zwei von drei Bundesbürgern den Widerstand der vier
hessischen SPD- Abgeordneten gegen eine Zusammenarbeit mit der Linkspartei.
Danach sind 63 Prozent der Bundesbürger und 64 Prozent
der SPD-Anhänger der Ansicht, dass die vier Abgeordneten richtig gehandelt
haben. Jeweils 25 Prozent meinen dagegen, dass sie sich dem Willen der Mehrheit
ihrer Partei hätten beugen müssen.
Jeder zweite Bürger (49 Prozent) sieht in dem Scheitern des Linksbündnisses
einen Schaden für die SPD, jeder dritte (33 Prozent) einen Nutzen. Von den
SPD-Anhängern glauben 59 Prozent, die SPD trage einen Schaden davon; 30 Prozent
sehen einen Vorteil.“