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Oskars Watsche für
SPIEGEL-Journalist Fleischhauer
In der ARD hatte die geschasste Talkerin Anne Will noch einmal zu einer
Runde geladen, angekündigt mit der Losung „Wirtschaftsboom und Jobwunder – wer träumt
da noch von Kommunismus?“. Will hatte offenbar die Konzeption, zwar gründlich
gegen DIE LINKE agitieren, gleichzeitig aber auch anmerken zu lassen, dass der
sogenannte Wirtschaftsboom des Herrn Brüderle nicht alle Deutschen erreicht.
Der neben Wirtschaftsminister Brüderle (FDP) geladene Oskar Lafontaine (DIE
LINKE) machte Frau Will freilich einen Strich durch die Rechnung, und auch dem
arroganten Herrn Jan Fleischhauer vom SPIEGEL.
Noch bevor der Herr Fleischhauer, aufrecht sitzend wie ein Chef-Inspektor
für Ideologie, so recht gegen den Kommunismus zu Felde ziehen konnte, machte
ihn Oskar Lafontaine bewusst, dass er als Spiegel-Journalist eigentlich für kommunale
und gemeinschaftliche Sehnsüchte und Überlegungen der Bürger offen sein müsste;
denn die SPIEGEL-Redaktion sei darin Vorreiter, sei kein privat-kapitalistisches
Unternehmen mehr, sondern ein gemeinschaftlich-genossenschaftliches. Jan
Fleischhauer erstarrte zur Salzsäule. Man sah live, wie dem Herrn blitzartig
klar wurde, in welche Ecke ihn Oskar gestellt hatte. Woraus er dann im Laufe
der Sendung auch nicht mehr heraus kam.
Dafür begab sich Herr Brüderle wacker an die Front seines Wirtschaftsbooms.
Zuvor allerdings musste Lafontaine noch eine üble Attacke der Frau Will
abwehren, die ernsthaft forderte, er solle sich dafür entschuldigen, dass
jüngst bei einer Konferenz linker Organisationen (unter Teilnahme von Gesine
Lötzsch) zwei vor den Türen protestierende Anti-Kommunisten Prügel bezogen
hatten. Die Betroffenen waren von Frau Will eingeladen, und die Kameras
brachten sie gleichsam als stumme Kronzeugen immer wieder ins Bild.
Nachdem dann Regisseurin Aelrun Goette sich zu ihrer DDR-Biographie bekannte und ihre
Zweifel bekundet hatte, was den angeblichen Wirtschaftsboom Deutschlands
betrifft, startete Rainer Brüderle seine schamlose Phrasen-Drescherei
(Dazu aktueller Leserbrief in einer Zeitung: „Er sagte, ‚Lassen Sie mich
ausreden‘, obwohl er gar nicht dran war.“). Brüderle verstieg sich zu der
Behauptung, in der Bundesrepublik gäbe es gar keinen Kapitalismus. Da fiel
Will, Fleischhauer, Goette, Lafontaine und Butterwege
unisono die Kinnlade herunter. Politikwissenschaftler Butterwege bewies mit
konkreten Zahlen, wie Herr Brüderle Statistiken schönt (etwa bei der
Arbeitslosenquote), schaffte es dennoch nicht, den Herrn Wirtschaftsminister
aus seinem Wolkenkuckucksheim auf den Boden sozialer Tatsachen herunterzuholen.
Fazit immerhin Dank insbesondere Lafontaines: DIE LINKE wird sich nicht
verbieten lassen, sich über die Zukunft Deutschlands eigene Gedanken zu machen.
Sie wird allerdings höchstwahrscheinlich dabei mit dem Begriff „Kommunismus“ zurückhaltender
operieren. Denn der Begriff war schon zur DDR-Zeit, wie Frau Goette korrekt anmerkte, „Zukunfts-Musik“. Und er wird es
noch lange, lange bleiben…
Berlin, 17. Januar 2011