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Interview des „SPIEGEL“ mit Fu Ying, Stellv.
Außenministerin Chinas.
(Gekürzt,
vollständiger Text in SPIEGEL, Nr. 34/2011 oder unter www.spiegel.de)
"Der Westen ist hochnäsig"
SPIEGEL: Frau Ministerin, kein Land bewundert der Westen derzeit so sehr wie
China - und kaum eines macht ihm so viel Angst mit seinen Tarnkappenflugzeugen,
seinem ersten Flugzeugträger. Wozu braucht China so viel Rüstung?
Fu: Das
Auslaufen unseres ersten Flugzeugträgers in der vorvergangenen Woche war ein
aufregendes Ereignis. Das Volk hat darauf gewartet und betrachtet das als
natürlichen Schritt eines wachsenden chinesischen Militärs, selbst wenn es nur
ein reparierter, gebrauchter Flugzeugträger ist, der für wissenschaftliche
Zwecke und Training genutzt wird und der weit davon entfernt ist, voll
einsatzfähig zu sein. China liegt da hinter anderen Ländern zurück, die USA
beispielsweise besitzen seit langem eine hochentwickelte Flugzeugträger-Flotte.
SPIEGEL: Wären nicht andere Dinge vordringlicher, als das Militär-Budget aufzustocken?
Fu: Die Entwicklung unserer Streitkräfte kommt lange nach anderen Dingen,
nach dem Wohlergehen des Volkes, nach der Verbesserung des Lebensstandards. Die
Generation meiner Tochter hat als erste keinen Hunger mehr erlebt, das ist ein
unglaublicher Fortschritt. Ihre Besorgnis gegenüber dem chinesischen Militär
scheint mir stark vom stereotypen Blick des alten Blockdenkens geprägt. Sie
haben zwar Vertrauen, wenn andere Länder, Ihre Alliierten wie Amerika und
Frankreich, Flugzeugträger besitzen, fühlen sich aber unwohl, wenn auch wir
einen haben.
SPIEGEL: Wie weit wird China gehen, um seine Interessen zu verteidigen? Im
Streit um die Hoheit im Südchinesischen Meer sind immer schärfere Töne zu
hören...
Fu: Auch wir fragen uns, warum es jetzt zu dieser starken Rhetorik kommen
muss, obgleich wir uns ja mit den beteiligten Ländern seit langem im Dialog
befinden. Aber es ist ein Streit der Worte, und entscheidend ist, dass der
Schiffsverkehr im Südchinesischen Meer friedlich bleibt, dass es keinen Krieg
gibt.
…
SPIEGEL: Viele Deutsche misstrauen China und betrachten Ihr Land eher als
Rivalen denn als Partner. Verstehen Sie das?
Fu: Das beschäftigt mich sehr. Wenn man grundsätzlich anerkennt, dass
zahllose Menschen in China aus der Armut geführt wurden, dann muss man
akzeptieren, dass China auch irgendetwas richtig macht. Man muss dann wohl auch
akzeptieren, dass es unterschiedliche politische Systeme gibt. Der Westen
glaubt, dass nur sein System funktioniert. Das mag für manche Länder so sein,
aber wie man an der jüngsten Finanzkrise sieht, haben auch sie gelegentlich
Schwierigkeiten. Der Westen ist hochnäsig geworden. Demokratie allein bringt
eben noch kein Essen auf den Tisch. So ist die Wirklichkeit.